Zum Ausgang des Volksentscheids zur Primarschule in Hamburg

Kategorie: Hamburg Veröffentlicht: Freitag, 13. August 2010

„Das war ein Scheißtag!“ sagte Christa Goetsch, Schulsenatorin in Hamburg, etwas flapsig über den  18. Juli und dem kann ich eigentlich nur beipflichten. Differenzierter betrachtet möchte ich dennoch einiges anmerken.

Nicht nur mein ursprüngliches Ziel war, eine Schule für alle bis zur Klasse 10. Denn nur so kann ein wirklich sozial gerechtes Schulsystem erreicht werden. Die Primarschule wäre ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung gewesen. Dies wurde durch eine rechtsbürgerliche Kampagne, demagogisch und populistisch geführt, unterstützt durch die Springerpresse, verhindert. Die Politik des Senats im Bereich der vorschulischen Erziehung war auch nicht gerade hilfreich. Die Gebührenerhöhung für die KITAS hat viele Eltern sicherlich veranlasst, verärgert gegen die Schulreform zu stimmen.
Doch es bleibt viel Positives:

  • Abschaffung des Büchergeldes
  • kleinere Klassen in der Grundschule
  • intensivere Fortbildung für die Lehrkräfte
  • besserer Unterricht durch Individualisierung und kooperative Lernformen
  • mehr Sprachförderung
  • Inklusion von Kindern mit besonderen Förderbedarfen
  • weniger Zensurendruck
  • Abschaffung des Sitzenbleibens
  • besser vorbereiteter Übergang Schule/Beruf
  • stärkere Einbeziehung der Eltern in die Lernentwicklung ihrer Kinder

Weiterhin wird es den Schulkonferenzen jeder Schule überlassen bleiben, Fusionsbeschlüsse rückgängig zu machen oder für 2011 den Antrag auf Schulversuch für ein längeres gemeinsames Lernen zu stellen. Sicherlich wird es auch mehr Ganztagsschulen geben. Das Abschulungsverbot der Gymnasien ab Klasse 8 sollte nun ohne die Primarschule deutlich abgesenkt werden.

Engagierte Menschen innerhalb und außerhalb der Schule können also die Bildung in Hamburg voranbringen, auch ohne veränderte Schulorganisation. In diesem Sinne weiterhin in unserer Stadt auf die verantwortlichen Menschen in der Politik und den Behörden einzuwirken, insbesondere aber auch die Lehrkräfte von der Notwendigkeit zu überzeugen, gewohnte Bahnen zu verlassen und sich auf Neues einzulassen, bleibt eine wichtige Herausforderung. Insofern ist Hamburgs Bildungslandschaft nicht mehr wie vorher, braucht aber weiterhin solidarisch begleitende Unterstützung und Kritik. Ziel bleibt das gemeinsame Lernen bis zur Klasse 10!

Helmuth Sturmhoebel
Stellvertretender Vorsitzender des Landesschulbeirats und in dieser Funktion nicht stimmberechtigtes Mitglied der Deputation der Schulbehörde